
So war das Justin Timberlake Konzert im Wiener Ernst‑Happel‑Stadion
Pop-Urgestein und Dauerbrenner oder doch eher in die Jahre gekommener Durchschnitts-Sänger, der seinem Hype nicht mehr gerecht wird? Ich war am Konzert von Justin Timberlake im Ernst-Happel-Stadion in Wien und verrate euch, ob sich der stolze Ticketpreis ausgezahlt hat.
Es gibt Popstars, die verschwinden irgendwann einfach. Und dann gibt’s Popstars wie Justin Timberlake, die irgendwie nie ganz weg waren und wohl auch nicht mehr gehen. Am Montagabend hat er im Ernst-Happel-Stadion in Wien einmal mehr bewiesen, dass er immer noch genau weiß, wie man Menschenmassen begeistern kann. Seit über 30 Jahren steht er auf der Bühne – angefangen hat alles Mitte der 90er mit *NSYNC. Der Rest ist Popgeschichte. Das letzte Kapitel scheint aber noch lange nicht geschrieben.
Zwischen Stadionblues und Voract-Flop
Der Einlass beginnt um 17.30 Uhr, ich verlasse das Büro erst eine Stunde später – dank Sitzplatz bin ich entspannt unterwegs. Gegen 19.15 Uhr erreiche ich das Ernst-Happel-Stadion. Sofort der Flashback: Fast genau vor einem Jahr hätten hier die drei Taylor-Swift-Konzerte stattfinden sollen. Kurz überkommt mich inmitten der Massen ein Gefühl der Traurigkeit, das aber schnell wieder vergeht, als ich endlich auf meinem Platz sitze.
Der Platz: perfekt. Die Aussicht: durchwachsen. Denn das Stadion ist – sagen wir’s freundlich – halb voll. Viele Sitzplätze waren wohl gar nicht erst im Verkauf und sind dunkel abgedeckt.
Die britische Sängerin Cat Burns, die als erste Voract angekündigt war, habe ich leider verpasst. Timbaland kommt danach, bringt aber wenig Stimmung. Vielleicht zu viel Produzent, zu wenig Performer. Schade. Selbst der DJ davor konnte das Publikum mehr anheizen.

Von Nostalgie-Songs bis zu neuen Hits
Offizieller Showbeginn war 20.30 Uhr – tatsächlich tat sich bis kurz vor neun Uhr rein gar nichts. Die Stimmung? Leicht unruhig. Doch dann hob sich der Nebel – und Justin Timberlake kam, ohne Vorwarnung, direkt mit einem Kracher: „Mirrors„. Normalerweise das große Finale, diesmal gleich zu Beginn. Danach: „Cry Me a River“ – und der Text sitzt immer noch.
Die ganze Hitmaschine rollte von Anfang an. Trotz Nostalgie ist es kein reines Best-of-Konzert. Auch neue Songs wie „Play„, „No Angels“ oder „Selfish“ finden Platz – und das Publikum nimmt sie dankbar auf.
Die Highlights des Abends
Einer der schönsten Momente des Abends: Timberlake holt einen Zehnjährigen auf die Bühne. Es gibt Selfies, ein kurzes Video – und für viele einen rührenden Moment, der zeigte, wie nahbar auch ein Justin Timberlake sein kann. Allgemein wirkt er sehr locker und interagiert erstaunlich viel mit seinen Fans.
Seine riesige Live-Big-Band, The Tennessee Kids, ist der Wahnsinn. Sie sorgt für einen satten Live-Sound. Und dann ist da natürlich Justin Timberlake selbst, ein Vollprofi durch und durch. Jeder Move sitzt, jede Note trifft. Er weiß, was er kann und zeigt das auch. Tänzerisch nach wie vor absolute Weltklasse, stimmlich souverän und mit einer Bühnenpräsenz, die zeigt, warum er seit Jahrzehnten zu den Größten im Popbusiness zählt.

Ein krönender Abschluss? Wohl eher nicht.
Gegen Ende holte Justin Timbaland noch einmal auf die Bühne – gemeinsam performen sie „SexyBack„, was für viele das gefühlte Finale ist. Danach verließen viele bereits das Stadion. Wer blieb, bekam noch „Until the End of Time“ zu hören – und um 22.20 Uhr war der Abend dann sehr plötzlich vorbei. Die Show endet ohne viel Tamtam.
Fazit: Hat sich das Konzert gelohnt?
Justin hat es geschafft: Auch wenn das Stadion bei weitem nicht ausverkauft war, hat er die Menge mit seiner Stimme, seinen Moves und seiner Präsenz mühelos begeistert. Die Setlist war durchdacht, die Show visuell aufwendig, die Stimmung überraschend groß für die vielen leeren Reihen.
Er ist nicht mehr der Teenie-Schwarm aus *NSYNC-Zeiten und auch nicht mehr der alles dominierende Superstar der Nullerjahre. Aber er ist noch immer da – als Performer, Entertainer, Musiker. Und manchmal ist das auch genug. Alles in allem hat sich der Abend für mich gelohnt – auch wenn 160 Euro für das Ticket meiner Meinung nach zu viel war.
Ein persönlicher Disclaimer: Ich war mir lange nicht sicher, ob ich überhaupt zum Konzert gehen soll. Nach Britney Spears’ Autobiografie, in der sie schildert, wie sie wegen Timberlake eine Abtreibung hatte, die sie nicht wollte, hatte das alles einen fahlen Beigeschmack. Jetzt kennen wir aber nur die eine Seite der Geschichte und werden die Wahrheit wohl nie erfahren. Trotzdem bin ich gegangen. Weil die Musik eben immer noch etwas mit mir macht. Und: Weil wir am Ende alle nur Menschen sind, die Fehler machen. Das soll jedoch sein mögliches Verhalten nicht entschuldigen. Am Ende muss das jede*r für sich selbst entscheiden.