
Raunzen & Reisen: Alpenüberquerung – so ist es wirklich
Wir lieben Reisen, und ganz ehrlich: Wir lieben auch Raunzen. Weil beides wunderschön sein kann, teilen wir hier schamlos unsere Gedanken und nehmen euch diesmal mit in die Alpen. Denn unsere Redakteurin Sonja ist da einfach mal drübergewandert. Hier erzählt sie, wie das Überqueren von zwei Grenzen zu Fuß war und ob sie dabei auch an ihre persönlichen gestoßen ist.

Wenn man mich vor 15 Jahren gefragt hätte, was ich auf der Welt am meisten hasse, hätte ich eine klare Antwort gehabt: Wandern. Zu steigern war diese Abneigung einzig durch eine zeitliche Ausdehnung der Aktivität – in Form von Fernwanderwegen. Meine Eltern also haben die Natur oder gar Stille auf unseren alljährlichen Weitwandertouren wahrscheinlich keine einzige Sekunde genießen können, ohne dass ich im Hintergrund meine Meinung kundgetan habe. Und die, dem könnt ihr euch sicher sein, war uneingeschränkt negativ.
Die Alpen waren meine Hölle. So kann es also nur als Selbstermächtigungsversuch gelten, dass ich mich nun dazu entschieden habe, nicht nur durch, sondern über ebenjene Hölle zu gehen. Tatsächlich sind es immer noch dieselben Wanderschuhe, die sich schon so viel Geraunze anhören mussten, die ich nun schnüre, um sie nochmal an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu bringen.

Denn, ein treffsichereres Argument, dass ich final der Pubertät raus bin, ist nicht etwa die Abwesenheit von Pickeln, sondern eine neu gefundene Liebe für die Berge und in dem Zusammenhang natürlich auch die leibliche Betätigung in ebendiesen. Kurzum: Ich gehe über die Alpen.
Welche Menschen machen eine Alpenüberquerung überhaupt?
Los geht der Spaß aka die Alpenüberquerung in Garmisch-Partenkirchen in Bayern, wo ich auf einem Parkplatz beglückt werde – und zwar vom Anblick meiner Wandergruppe, deren Waden nicht gänzlich aus Stahl zu sein scheinen. Die meisten haben die Extremsportler*innen Ausrüstung zu Hause gelassen, sich für die, zumindest für Deutsche, obligatorischen Zipphosen entschieden, stehen mit Lekistöcken im Kreis und schauen absolut normal aus.


Meine Vermutung bestätigt sich: Jede*r der/die einen normalen sportlich-aktiven Alltag hat, kann eine Alpenüberquerung meistern. Denn wir sind mit Guides von Alps & More unterwegs, die das Tempo bewusst unter dem halten, was ich als erfahrene Bergziege eigentlich gewohnt bin. So ist es aber auch möglich, am Tag tatsächlich sieben Stunden Gehen durchzuhalten, ohne zusammen- oder in eine Raunztirade auszubrechen.
Jede*r der/die einen normalen sportlich-aktiven Alltag hat, kann eine Alpenüberquerung meistern.
Sonja Koller
Grenzfall
Das war mein eigentliches Ziel: Nicht zusammenbrechen. Dass ich bei sechs Tagen gehen sogar so etwas wie Freude und Zufriedenheit über die erste halbe Stunde eingehen hinaus verspüren könnte, war weit weg von meiner Vorstellungskraft. Aber: Um die Alpen zu überqueren, müsst ihr zwar über zwei Grenzen gehen, aber nicht zwangsläufig über eure persönlichen.


Denn auf der von Alps & More angebotenen Route von Garmisch-Partenkirchen nach Sterzing in Südtirol gibt es keine technisch schwierigen Passagen. Auch schwindelfrei oder Klettererfahren müsst ihr nicht sein. Dafür in der Lage, mehr als ein Auge zuzudrücken. Denn gleich den ersten Tag beenden wir nicht etwa nur mit mindestens einem Liter weniger Schweiß, sondern in einem Auto.
Dort sitzen wir nicht etwa nur Probe, sondern düsen eine ganze Dreiviertelstunde in Richtung Süden. Die Überschreitung der Deutsch-Österreichischen Grenze findet also irgendwo auf dem Asphalt zwischen Bayern und Innsbruck statt. Das dürfte bei gängigen Anbieter*innen für Alpenüberquerung aber üblich sein, jedenfalls stoße ich bei der Durchsicht mehrerer Wander-Programme auf dieses Manöver.
Die Überschreitung der Deutsch-Österreichischen Grenze findet also irgendwo auf dem Asphalt zwischen Bayern und Innsbruck statt.
SOnja Koller
Warum man nicht über die Alpen gehen sollte
Wem ich von einer Alpenüberquerung abraten würde? Allen, die sich danach nicht mit Fragen von Zuhausegebliebenen herumschlagen wollen, ob man gekifft habe, weil man selbst nach der Rückkehr stets mit einem seelig-zufriedenen Lächeln durch die Straßen schwebt. Wer nach tagelangem Schulter-Training nicht literweise Wasser und das halbe Seeberger-Sortiment im Rucksack hat, fühlt sich eben auf einmal unüblich leicht.


Auch ist eine Alpenüberquerung nichts für all jene, die sowieso schon mit dem Speichervolumen ihres Handys zu kämpfen haben. Wer an Dingen wie Edelweiss in freier Wildbahn, einem 360-Grad-Blick über ganz Tirol am Gipfel des Blasers oder dem Grenzstein zwischen Österreich und Italien vorbeikommt, droht verhaftet zu werden, wenn er oder sie nicht fotografiert.
Nachmachen
Gibt es noch ein paar, auf die die oben genannten Faktoren nicht zutreffen? Dann habe ich was für euch. Wenn ihr eure Waden auch einmal trainieren und mit Alps & More über die Alpen gehen wollt, dann habe ich ein extra Zuckerl für euch. Mit dem Code „1000things“ nämlich spart ihr 8 Prozent auf die Buchung und könnt stattdessen eine fesche Outdoor-Brille kaufen.